Die vorliegende materialreiche Publikation wurde mir übergeben. Sie bezieht sich auf Vorgänger-Projekte und skizziert den State-of-the-Art.
Da der Themenbereich von besonderer gesellschaftlicher Relevanz ist, biete ich erstmals in diesem Rahmen eine kurze Besprechung an.
Gegliedert ist der Band in neun Abschnitte, beginnend mit einer instruktiven Einleitung (aus wessen Feder?), es folgen die Abschnitte 2-8
zur inhaltlichen Darstellung, beispielsweise zu Zukunftsbildern (2), Fragen des Technikeinsatzes (3), des vernetzten Arbeitens (5), von
sozio-ökonomischen Aspekten (6), der Relation von Innovation und Alter (4), der Kultur des Alterns (8) und der Ethik (7).
Gewählt ist zur Darstellung der Thematik die anspruchsvolle Form des Dialogs (Plato läßt grüßen!) beteiligter und kompetenter Gesprächspartner
und Gesprächspartnerinnen aus einer ansehnlichen Zahl von interessierten und befaßten Organisationen und Institutionen. Hilfreich ist dabei die
recht ausführliche Vorstellung der Diskutierenden (S. 261-274), nett sind die gelegentlichen bunten Abbildungen (inmitten der Textwüste), positiv
ist auch die ziemlich ausführliche Bibliographie (S. 275-284). Das Design ermöglicht auch ein Verständnis als Logbuch...
Das inhaltsreiche Buch möchte erklärtermaßen drei Ziele erreichen (S. 11):
- Lehrbuch für Ausbildung
- Allgemeinverständlich für interessierte Öffentlichkeit
- Inspirierend für die Politik
Dazu möchte ich folgende Überlegungen anschließen: Ein Lehrbuch für Ausbildung scheint mir kaum möglich zu sein, nach diesen Gesprächsfragmenten
kann man nicht lernen. Auch das jeweilige "Fazit" am Ende eines Abschnitts ist wenig strukturiert.
Hingegen findet ein aufmerksamer Leser des kompletten Textes in der Tat viele wertvolle Gedanken und praktische Hinweise.
Und abgesehen von der Tatsache, dass "der Politik" mal wieder ein Eigenleben fernab der Öffentlichkeit (und damit der Wähler) zugebilligt wird: Es fehlt
die "To-do-Liste" (mit Kostenabschätzung!!) für den eiligen Politiker und Ministerialen!
Zur Ergänzung seien noch einige Anmerkungen zum Inhalt angefügt:
Der "unscharfe Begriff" AAL (z.B. S. 150) meint den "Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (...) mit besonderer Beachtung der
Bedürfnisse älterer Menschen" (z.B. S. 7) und soll "Teilhabe, Mobilität, Sicherheit und Selbstbestimmung erhöhen" (z.B. S. 117). Doch ist bereits die
Grundfrage "Wann ist man alt?" (z.B. S. 26) nicht eindeutig zu beantworten. Natürlich: "Wir können das Alter als eine Chance sehen" (z.B. S. 72),
doch "nach wie vor ist (sic!) Alter und Pflege mit vielen Tabus behaftet" (z.B. S. 51).
Dass nun Pflegeleistungen frei am Markt zu erwerben sind (z.B. S. 20) ist zwar richtig, aber wohl nicht für alle Betroffenen möglich. Und von einem
hilfreichen "Universalhandwerker" (z.B. S. 55) träumen viele - ein solcher Tausendsassa würde wohl nicht in unserem Themenbereich arbeiten... Und wenn
resignierend festgehalten wird: "Vierzig Prozent unserer Tätigkeit in der Pflege sind Dokumentation" (z.B. S. 47) möchte man laut HILFE rufen...
Redundant sind dann popularphilosophische Annotationen wie "Sicher ist, dass es Sicherheit nicht gibt" (z.B. S. 65).
Und reichlich unsensibel ist es beispielsweise, das persische Sprichwort "Eine Hand allein kann nicht klatschen" (vor S. 115) zu verwenden:
Ich jedenfalls kenne Menschen, die mit einem Arm und damit einer Hand durchs Leben gehen...
Auch KZ als Abkürzung für eine Diskussionspartnerin S. 116) ließe sich gewiß vermeiden...
Alles in allem: Ein interessanter und wichtiger Inhalt, dessen Präsentation wohl noch nicht optimal ist. Auch die Kurzfassungen an den Rändern
der Seiten wirken teilweise zufällig, dazu fehlt die Zusammenführung beispielsweise in einem Begriffsregister.