The Rise and Fall
Do, 01.04.2004
Ich komme aus dem fassungslosen Kopfschütteln kaum noch heraus. Spätestens nach dem Punk und 80ies Revival des letzten Jahres musste wohl jedem klar sein, dass sich alles wiederholt. Aber dass auch Leben und Sterben der diversen Clubs immer nach demselben Schema ablaufen muss ist doch wirklich nicht notwendig, oder? Ich hege die Befürchtung, dass es in dieser Stadt irgendwann keine Clubs mehr gibt, da sie immer an den gleichen "Krankheiten" zugrunde gehen.
Wenn wieder mal eine Eröffnung angesagt ist, so stürmt natürlich erstmal das gesamte Partyvolk die Location um die Neuheit zu begutachten. Schließlich will jeder mitreden können, wenn es um die neue Anlage, die Anordnung der Bars und die Anzahl der Sitzgelegenheiten geht. Diese Neugier hält noch eine oder zwei Wochen an und dann hat so ziemlich jeder notorische Partygeher das Event zumindest einmal gesehen und entschieden, was er von ihm hält. Die folgenden Veranstaltungen sind dann hauptsächlich von Freunden des Veranstalters und deren Freunden, sowie den Leuten, die ohnehin immer und überall unterwegs sind, bevölkert. Das ist definitiv der Zeitraum, in dem es in dem betreffenden Club so richtig gemütlich ist. Man kann den Club relativ ungehindert betreten, findet flott ein gemütliches Plätzchen zum Sitzen wenn einem die Herumsteherei an der Bar zu mühsam wird, bekommt seinen Drink mit einem Lächeln des Barkeepers serviert und braucht seine Begleitung nicht stundenlang alleine zu lassen nur um der Toilette einen Besuch abzustatten. Dass es in einem Club gemütlich ist, spricht sich natürlich herum und deshalb wollen immer mehr Leute ihre Abende an diesem Ort verbringen. Es folgt die Phase, in der im Club meist echt gute Stimmung herrscht. Als Stammgast oder VIP, und davon gibt es in dieser Stadt mehr als man denkt, kann man den Club immer noch ohne längere Wartezeiten betreten, Sitzplätze und Getränke muss man sich mit etwas Geschick und Schnelligkeit besorgen und auf der Toilette kann man gemütlich den Sitz der Klamotten und des Make Ups prüfen, ehe eine Kabine frei wird. Dies ist eigentlich das Stadium, in welchem der Club bleiben sollte, um das Partyvolk dauerhaft zu erfreuen.
Dummerweise funktioniert das in den seltensten Fällen so, wie es sich meine Wenigkeit wünschen würde. Denn wenn das zweite Stadium erreicht ist, dann gehört der Club zu den "angesagten Aufenthaltsorten". Das bedeutet, dass alle hinwollen, die "in" sein wollen und das sind bekanntermaßen recht viele. Und genau da liegt, wie man so schön sagt, der Hund begraben. Denn genau zu diesem Zeitpunkt kommt es nur noch auf den Veranstalter und seine Mitarbeiter an, ob der Club weiter funktioniert oder aber sich langsam, dafür aber sicher dem Ende nähert.
Dummerweise siegen in diesem Stadium bei den verantwortlichen Personen in den meisten Fällen Gier und Größenwahn. Anstatt die Türpolitik so zu gestalten, dass der Club sein Niveau halten kann, wird jeder hineingelassen, der womöglich Geld mitbringt. Die Wartezeiten vor der Türe werden lang und immer länger, die Gäste entsprechend unruhig und die genervten Türsteher immer öfter unfreundlich. Und der Veranstalter, der am Anfang froh war überhaupt Gäste zu haben, steht superwichtig in der Gegend herum und hält es meist nicht für notwendig dem Einhalt zu gebieten. Dass da dem einen oder anderen Stammgast der Hut hochgeht, wenn er sich zusätzlich zur Wartezeit noch dumm oder großkotzig anreden lassen muss, ist nur verständlich. Und kurioserweise ist er irgendwie sogar selber schuld, denn schließlich haben die anfänglich treuen Besucher den Club ja zu dem gemacht, was er nun ist. Wer nicht gleich kopfschüttelnd umdreht und geht, ärgert sich spätestens wenn er ins Innere vorgedrungen ist. Sich im Club zu bewegen ist oft ein Ding der Unmöglichkeit, von Tanzen kann keine Rede sein, es sei denn man gehört zu den ganz Rücksichtslosen, die allem und jedem gnadenlos die Ellenbogen in die Seite rammen. Einen Sitzplatz zu bekommen ist nur durch die Anwendung roher Gewalt oder mit großer Frechheit möglich. Schließlich soll ja kein Cent an Eintrittsgeld verloren gehen und so wird der Club solange voll gestopft, bis die Besucher kaum noch zur Türe reingehen. Direkt ein Wunder, dass noch kein Veranstalter auf die Idee gekommen ist solcher Drängler zu engagieren wie sie in der U- Bahn von Tokio zur Rushhour beschäftigt werden… Und als ob das unfreundliche Personal an der Türe nicht reichen würde, darf man sich an den Bars gleich mit derselben Misere herumschlagen. Barkeeper vergessen Glas, Eis oder überhaupt gleich den ganzen Drink. Wenn man dann noch beim Retourgeld rausgeben beschissen wird, ist der Gipfel der Frechheit wohl erreicht. Natürlich sind auch Barkeeper nur Menschen und können ab und zu Fehler machen, aber wenn ein und derselbe denselben Fehler immer wieder macht, wird die Sache auffällig…
Nun ist der Club zwar angesagt und gerammelt voll, aber keinesfalls mehr ein gemütliches Plätzchen, an dem man Spaß haben kann. Das hat klarerweise zur Folge, dass die Leute welche anfangs den Club frequentierten, sich nun einen anderen Club suchen, der sich in der ersten oder zweiten der ob beschriebenen Phasen befindet. Und da der andere Club ja ohnehin nur noch voll, das Personal unfreundlich und die Veranstalter eingebildet sind, wird der andere Club immer angesagter und das Spielchen beginnt von vorne…
Ist es denn wirklich so schwer, die Gier etwas zu zügeln und den Club nicht zum Bersten voll zu stopfen, sowie nicht komplett dem Größenwahn zu verfallen und seine Mitarbeiter etwas im Auge zu behalten? Auf jeden Höhenflug folgt bekanntlich irgendwann einmal der tiefe Fall…
|