Brotlose Kunst?
Sa, 16.09.2006
Berufsbedingt – nein, ich meine nicht meine Berufung zum Schreiben – hab ich offenbar eine besondere Antenne für Pleiten. Manchmal auch für Pech und Pannen, aber hauptsächlich für Pleiten. Daher sticht es mir wie ein großer Dorn ins Auge, dass in letzter Zeit diverse Veranstalter und Barbesitzer finanziell kräftig baden gegangen sind. Verwunderlicherweise sind es oft alte Hasen in diesem Geschäft, welche die Kurve plötzlich nicht mehr kriegen. Zum allgemeinen Erstaunen erwischt es immer die, von denen man es am wenigsten gedacht hätte: die alt eingesessenen, trotzdem innovativen Besitzer eigentlich guter Clubs und Lokale. Und kaum einer dieser Pleitegeier schafft es, nochmals ins Geschäft einzusteigen.
Woran das liegt kann keiner der Betroffenen so wirklich erklären. Meine Wenigkeit hat versucht, das Phänomen an zwei recht lieben Bekannten von mir zu analysieren und ganz ehrlich, noch nie bin ich bei der Detailbetrachtung eines "Clubbingphänomens" so kläglich gescheitert.
Der eine war lange Zeit einer der erfolgreichsten Veranstalter hipper In- Houseclubs. Immer auf der Suche nach neuen Locations und immer wieder fündig. Vor der Presse gelobt und vom Partyvolk geliebt. Vor kaum einem anderen Club standen die Leute derart geduldig Schlange, wie vor seinen, zumeist im Keller befindlichen Locations. Und dann? Ja, das weiß keiner so genau. Eigentlich hätte er auch jetzt wieder ein nettes Plätzchen zum Feiern gehabt. Für den Sommer eigentlich optimal, doch der Sommer ließ auf sich warten und damit auch der Erfolg, der schließlich ganz ausblieb.
Mit ein Grund für diesen traurigen Umstand ist das hohe Startkapital, das man benötigt um einen wirklich guten und erfolgreichen Club zu etablieren. Nicht nur die Wohnungsmieten steigen, auch die Mieten für Lokal klettern in utopische Höhe. Natürlich ohne das notwenige technisch Equipment, das muss man schon gesondert mieten. Gute, international bekannte DJs verdienen mittlerweile um Häuser mehr als Herzchirurgen. Da verwundert es nicht, dass selbst Newcomer sich kaum mit weniger als ein paar hundert Euro zufrieden geben. Barkeeper arbeiten bekanntlich auch nicht umsonst und das doch recht verwöhnte Publikum ist mit mittelmäßigem nicht zufrieden zu stellen...na ja, ich will ja niemandem die Lust verderben, es mal zu versuchen.
Und wenn wir gerade bei Versuchen sind. Erstzunehmender Nachwuchs unter den Veranstaltern ist rar. Kein Wunder, denn Banken investieren eher in einen Karibikurlaub eines Angestellten mit kalkulierbarem monatlichen Gehalt, als in ein Lokal. Zu risikoreich, so das oft gehörte Argument. Förderungen für Jungunternehmer gibt es viele, nur leider nicht für solche Unternehmungen. Und private Geldgeber? Sind immer in der Nähe, solange der Betreffende genug Geld hat und dieses in Form von Gästelistenplätzen und Freiwodka unter die Leute bringt. Aber wenn nicht...? Und selbst wenn ein Newcomer es schafft sich trotz aller Widrigkeiten zu etablieren, reich werden kann man in der Branche kaum. Wen wunderts da, dass sich die Vielfalt der Clubs und Veranstaltungen in Grenzen hält?
Viellicht sollte man neben den künftigen Popstars und Topmodels bald auch die Nachwuchsverantstalter per Fernsehshow suchen. Sonst bleiben sie am Ende noch aus...
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